Alternativlos? Was wir von der Corona- und der Klimakrise lernen können

Dorothea Kübler: Aktuell zeigt sich, was machbar ist. Vergrößert das die politischen Handlungsspielräume in der Zukunft?

Dorothea Kübler

Von Dorothea Kübler, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Geschlossene Flughäfen und Geschäfte, leere Züge, leere Schul- und Universitätsgebäude, stillstehende Fabriken, menschenleere Straßen – das ist der Stoff von Dystopien. Die Bevölkerung ist überwiegend einverstanden mit den harschen Maßnahmen. Diese Krise zeigt die Macht der Politik, aber woher rührt diese Macht? Die politischen Entscheidungen beruhen auf rational nachvollziehbaren Begründungen, und Experten aber auch viele Stimmen aus der breiteren Öffentlichkeit halten die Maßnahmen für sinnvoll. Die Macht rührt aber auch von der Angst her. Während China weit weg ist, haben die Bilder aus Italien ihre Wirkung gezeigt. Sie haben die Angst geweckt davor, fern von der Familie zu sterben, möglicherweise ohne Beatmungsgerät, umgeben von überforderten Ärztinnen und Pflegerinnen in Schutzkleidung.

Der Vergleich mit der Klimakrise drängt sich auf. Auch da sprechen die Expertinnen klare Worte, aber der Flugverkehr und die Zahl der Reisen hat nicht abgenommen, von einer Reduzierung des Konsums ganz zu schweigen. Strikte Maßnahmen zur Reduktion von CO2 werden gern als ökodikatorische Eingriffe in die Freiheitsrechte gebrandmarkt. Ich finde, es lohnt sich über die Unterschiede beider Krisen nachzudenken, um besser zu verstehen, wie wir und unsere Politik funktionieren.

Die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels sind nicht bei uns zu spüren, sondern im globalen Süden. Und die Effekte sind weniger greifbar, denn Krankheit, Hunger und Tod haben immer multiple Ursachen, neben den Klimaveränderungen. Corona ist dagegen direkt bei uns angekommen, und das Virus ist ganz eindeutig der Schuldige. Ursache und Wirkung sind offensichtlich, und sie machen Angst. Psychologen und Verhaltensökonominnen sprechen vom availability bias. Aber es gibt einen weiteren wichtigen Unterschied: Anders als beim Klimaschutz haben lokale Maßnahmen gegen Corona auch lokale Auswirkungen. Das verstärkt die Anreize, etwas zu tun. Wenn Krankenhausbetten knapp werden, dann betrifft das zunächst und vor allem die Menschen in der Region. In der Klimapolitik dagegen sind die Effekte von lokalen Maßnahmen global. Das gibt Anreize zu Schwarzfahrerverhalten.

Trotz der Unterschiede: vielleicht zeigt uns die Corona-Krise, was machbar ist und vergrößert politische Handlungsspielräume in der Zukunft.

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